Spannung pur!
von Anonymus am 07.04.2014
Spannung pur! Mauszeiten entführt den Leser in eine Mäusewelt, wie man sie so nicht erwartet.
Auf Flitz, einen jungen, frisch verlieben Mäuserich, wartet, so scheint es, ein ganz normales Mäuseleben – „So Frith(Gott) will“ ist man geneigt zu hinzuzufügen. Der Prolog und das erste Kapitel brachten mich zunächst auf eine falsche Fährte - Absicht oder nicht. Nachdem es einen unangenehmen Zusammenstoß zwischen Mensch und Maus gab, konnte man sich denken, dass die klar strukturierte Mäusewelt in Kürze ins Wanken geraten würde. Die Menschen würden sicher versuchen, ihnen durch Fraßköder den Garaus zu machen. Soweit behielt ich Recht.
Ich dachte, nun käme eine Geschichte, in der die Mäuse herausbekommen würden, wer sie vernichten wollte und versuchen würden sich gegen die Menschen zu wehren. Weit gefehlt. Zwar brachten die braunen, lecker duftenden Bröckchen Tod und Angst in die Mäusewelt, aber der eigentliche Konflikt entstand unter den Mäusen selbst.
Keine sentimentale Tiergeschichte, keine romantische Umgebung, stattdessen die U-Bahntunnel in München und die Spannungen im Zusammenleben einer Mäusegesellschaft, die der unseren eine Etage höher nicht ganz unähnlich ist. Hintergründig und mit vielen Denkanstößen.
Anfangs fand ich die unspektakuläre, düstergraue Tunnelwelt, in die ich hinabsteigen musste, wenig attraktiv, aber wenn einen der Sog des Hrududu (U-Bahn) erst einmal weit genug in den Tunnel hineingezogen hat, kommt man so schnell nicht mehr raus.
Der Autor hat einen konsequenten Erzählstiel ohne Schnörkel und führt den Leser von einer dramatischen Situation zur nächsten – nicht zu früh, aber immer rechtzeitig, so dass man mit den kleinen Nagern mitfiebert. Flitz und seine Gefährten müssen einen Ausgang aus der Unterwelt finden und man sehnt sich selbst als Leser förmlich nach dem Licht am Ende des Tunnels. Deshalb ist Mauszeiten meiner Meinung nach nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene eine gute Story! Ich verabschiede mich daher mit 5 Sternen.
Sehr spannend, gut zu lesen und mit interessanten Unterthemen
von Anonymus am 22.02.2014
Direkt zu Beginn des Buches fällt auf, dass die Mäuse als Charaktere nicht einfach nur eine vereinfachte Darstellung von menschlichen Protagonisten sind. Bei ihren gibt es eigene Regeln und Gesetze und sie haben ihre eigenen Bezeichnungen für Dinge. Während „Zweibeiner“ ( = Mensch) ziemlich eindeutig und „Viellager“ ( = Hamburger) aus dem Zusammenhang zu erschließen ist, hat es Spaß gemacht, die Bedeutung von „Hrududu“ ( = U-Bahn) und „Frith“ ( = Gott und Schöpfer der Mäuse, eigentlich die Sonne) zu erraten. Für alle, denen das nicht so behagt, gibt es am Ende des Buches einen Anhang, in dem alle Namen und Mäusewörter erklärt werden.
Die Gesetze der Mäuse am Marienplatz besagen beispielsweise, dass sich eine männliche Jungmaus im „Lichtdom“ ( = Noteinstieg zur U-Bahn, in den manchmal die Sonne scheint) einer Prüfung unterziehen muss, um erwachsen zu werden. Erst danach darf sie sich paaren. Zu Beginn des Buches entscheidet sich Flitz, dass er die Prüfung an diesem Tag ablegen möchte, um sich endlich nicht mehr von Stummel fernhalten zu müssen.
Im Laufe der Geschichte werden viele unterschiedliche Motive aufgegriffen, die auch in der menschlichen Welt und ihrer Geschichte zu finden sind. Es beginnt damit, dass die Mäuse diejenigen ausstoßen, die die Prüfung im Lichtdom nicht bestehen. Sie müssen den Marienplatz verlassen und werden praktisch Unberührbare. Auch der alte Furchtsam ist an seiner Prüfung gescheitert und wurde zu einer frithlosen ( = gottlosen) Maus. Dennoch sucht Flitz ihn auf, um sich einen Rat für seine eigene Prüfung zu holen. Zwischen den beiden Mäusen entsteht eine Freundschaft, die es nicht geben dürfte.
Diese Situation nutzt Blacksix aus, der mit der Zeit immer mehr von Hass und Bosheit zerfressen wird. Als die ersten Mäuse am Marienplatz qualvoll sterben, hetzt er die Menge gegen Flitz und Furchtsam auf. Die gesamte Gemeinschaft verfällt in eine Raserei, selbst Freunde und Bekannte von Flitz können sich der Manipulation nicht erwehren und schließen sich der Menge an, um die beiden zu töten. Ich finde es interessant, wie Boris Schneider diese Faszination der Masse vom Menschen auf die Mäuse übertragen hat und habe gebangt, ob alle heil aus der Situation entkommen können.
Die Flucht führt Flitz, Stummel, Furchtsam, Stony und den verletzten Kasta, der angeblich „von oben“ stammt, durch unterschiedliche Mäusekolonien und immer wieder auch durch Rattengebiete. Gemeinsam suchen sie einen Weg hinauf in Kastas Welt und zetteln dabei eine Rebellion gegen einen Diktator an, dessen Soldaten nur halbherzig kämpfen, da sie nicht einmal richtig wissen, wofür sie ihre ehemaligen Freunde eigentlich verletzen.
Sie treffen auf die schlausten Mäuse, deren wissenschaftliche Untersuchungen unvereinbar sind mit dem Glauben der Marienplätzler und deren Wissen ein guter Anfang, jedoch bei weitem nicht vollständig ist. (Das erinnert mich stark an die Erkenntnis, dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht andersherum, wobei die angenommenen Kreisbahnen allerdings trotzdem nicht korrekt waren.)
Die Mäuse gewinnen in ihren ehemaligen Feinden neue Freunde, die doch noch den richtigen Weg eingeschlagen haben, und verlieren dafür andere Kameraden, die ihre Lebensaufgabe endlich gefunden haben.
Ein bisschen überrascht hat mich das hohe Maß an Gewalt und blutigen Auseinandersetzungen. Neben den Versuchen der Menschen, die Mäuse auszurotten, gibt es auch Opfergaben an Ratten, tödliche Kämpfe und gezielte und lang geplante Morde, die in aller Ausführlichkeit beschrieben werden. Das empfohlene Mindestalter für dieses Buch, das ich daraufhin nachgeschlagen habe, liegt zu Recht bei 14 Jahren, denn ohne diese Gewalt würde das Buch nicht auskommen. Die beschriebenen Todesfälle sind für den Verlauf und die Atmosphäre wichtig und haben mich teilweise wirklich berührt. Es ist nur empfehlenswert, nicht mit zu niedrigen Erwartungen an dieses Buch heranzugehen.
Einen gelungen Abschluss für die Geschichte bildet die Erkenntnis, dass das, wonach wir suchen, meist unmittelbar vor unserer Nase liegt. Das finden die Mäuse erst sehr spät heraus, doch auch hier gilt: Besser spät als nie.
Ich hätte mir noch gewünscht, dass sich Kasta auf die Suche nach seiner Mutter macht, damit wirklich jede Maus der Gruppe dieses Abenteuer für sich abschließen kann. Aber wer weiß, vielleicht tut er das ja heimlich und es weiß nur keiner davon?
Fazit:
Das Buch ist wirklich spannend und behandelt verschiedenste Themen, die gut in die Haupthandlung integriert sind. Wann immer die Situation festgefahren scheint, fügt Frith der Geschichte eine neue Komponente hinzu (manchmal sogar wörtlich), um die Handlung wieder anzutreiben. Ich habe zwar fast das halbe Buch gebraucht, um mich an Mäuse als Hauptcharaktere zu gewöhnen, aber das macht der Rest des Buches allemal wett. Dank des guten Schreibstils lässt sich die Geschichte außerdem auch noch flüssig lesen und es hat mich viel Überwindung gekostet, nicht die ganze Nacht durchzumachen. Daher bekommt „Mauszeiten“ auf jeden Fall alle fünf Sterne von mir.
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